Wir sind eben auf dem Weg zum Haus von Yogesh, er hatte uns gezeigt wo er wohnt aber nicht wo die Hochzeit stattfindet. Wir gehen durch einen sehr schmutzigen engen Weg auf einer Seite ist eine Mauer auf der anderen ein Haag. Es ist ein Haus mit einer Aussentreppe. Darunter sind Hühner in desolatem schmutzigen Zustand in einem Gehege. Es stinckt. Der Regen macht alles noch düsterer. Der Mönch der im vorderen kleinen Tempel wohnt hat uns den Weg gezeigt. Den erst besten Burschen frage ich nach Yogesh und die Hochzeit. Er will mir gerade den Weg erklären als mein Telefon klingelte. Riesige Erleichterung Pratibha ist am Telefon. Sie sagt, dass ihr Bruder auf dem Weg sei uns im Hotel abzuholen. Also zurück ins Hotel, zu Fuss es ist nicht weit. Im Hotel, ein Hallo das Wiedersehen mit Ravi ist super, sind doch 2 Jahre vergangen seit wir uns zum letzten mal gesehen haben. Er hat zwei Cousins , Roy und Bhuwy und ein Freund Vikash von der Familie der in Guwahati studiert, mitgebracht. Wir laden die drei zum Essen ein.. Ich war der Ansicht, dass wir am Abend zur Hochzeit gehen (1900h) die Braut und dort treffen, da sicher sich vorbereitet mit Coiffeur schminken etc. “ Wir gehen jetzt Pratibha besuchen“ sagt Ravi zu meinem Erstaunen. Wir können zu Fuss gehen , bis zum Hotel sind es 10 Minuten. . Der Weg führt durch das Chaos und unglaublich schmutzige Strassen bis wir vor einem grossen 4 stöckigem Haus stehen umgeben von Karren, Motorräder, Ritschkas, Velos und Schmutz und Rauch von verbranntem Abfall. Es geht durch einen schmutzigen und dunklen Seiteneingang. Das Gebäude ist nicht angeschrieben. Wenn wir auch gestern die Einladung gefunden hätten, wir hätten uns nie gedacht dass hier das Hochzeit stattfindet. Und wir hätten uns wahrscheinlich auch nicht getraut durch diesen dunklen Eingang hinein zu gehen.
Begegnung mit Pratibha
Es hat sogar ein Lift, der in den 1. Stock führt. Das innere gleicht einer Kaserne. Grosse hohe Korridore alles sehr nüchtern und kahl. Die Rezeption ist leer. Wir werden in einen grossen Saal geführt , wo am Abend die Hochzeit stattfindet. Zuerst fallen die zwei Bühnen auf wo die Zeremonie stattfindet. Goldige Sessel Blumen als Kontrast. ein Teppich mit vielen Flecken. Auf der hinteren Seite ist ein Buffet in Form von Marktständen aufgestellt. Am Abend wird dort das Essen angeboten. Was mich erstaunt ist, dass 2 Stunden vor Beginn der Zeremonie mitten im Saal auf Tüchern die Küchencrew sitzt und das Gemüse für das Abendessen rüstete. Hier lernen wir auch den Vater von Pratibha kennen, ein sehr freundlicher Mann mit stets strahlendem Gesicht.
Wir treten ins Frauen Zimmer ein ………… rechts sind drei Betten aneinander gereiht. Im ersten Bett liegt Pratibha, mit normalen Kleidern angezogen, unter einer Decke. Ich staune. Es ist 3 Uhr Nachmittag und sie bereitet sich noch nicht für Ihre Hochzeit am Abend vor???? Sie freut sich sichtlich über meine Ankunft und redet wie ein Buch. Sie zeigt mir den Beauty Koffer, den ich ihr zur Verlobung geschickt habe. Sie hat ihn noch nicht benutzt. Wahrscheinlich schickt es sich nicht als unverheiratete Frau sich zu schminken. Sie hat ihn für nach der Hochzeit aufgespart.
Im Zimmer hat reden Mutter Vater, Tanten Schwägerin, Cousine und Kinder alle zusammen. Es ist ein durcheinander, Die Leinentücher sind schwarz von den Kindern die barfuss über die Betten hüpfen, der Boden ist schmutzig und in einer Ecke am Boden liegt ein Teller mit Essensresten und schmutzigem Besteck. Heidi verteil Schokolade. Die Umhüllung wird aufgerissen und sofort auf den Boden geschmissen. Heidi bleibt die Spucke weg. Papierkörbe kennt man hier nicht.
Pratibha steht auf, es wird fotografiert und gefilmt. Nun ist es Zeit die Braut herzurichten. Sie begibt sich in die Toilette, die Tür bleibt geöffnet, und sitzt auf einen Schemel zwischen Dusche und WC.. Was nun folgt ist ein erstes Ritual. Die Schwägerin und die Mutter streichen ihr nun eine gelbe Salbe ( wahrscheinlich eine sehr teures Gemisch aus seltenen Pflanzen) an Füsse , Hände, Arme und Kopf. Ein unglaublicher Anblick dieses Ritual inmitten der schmuddeligen Toiletten.
Heidi wird bestürmt, sie müsse einen Sari anziehen. Sieist einverstanden um 1800h muss sie zurück sein . Es ist bereits 1600h, kaum Zeit uns selber vorzubereiten.
Hochzeit Zeremonie
Um 1800h sind wir vor Ort. Heidi wird in ein Zimmer geführt wo sie eingekleidet und geschminkt wird. Sie lässt es geschehen, sie kann es kaum fassen, was da mit ihr passiert. Während ringsum das Buffet für die erwarteten 700 Gäste aufgebaut wird warte ich im Saal, unterhalte mich mit dem Vater von Pratibha und Ravi. Langsam kommen die Gäste. Niemand empfängt sie, sie erscheinen in den schönsten Kleidern, die Frauen in wunderbaren Saris, die Kinder herausgeputzt, die Männer mit Hose und Hemd teilweise mit Jacke. Ich bin fast der einzige der einen Anzug trägt. Es sind ungefähr 80 bis 100 Gäste anwesend und warten. Ich habe keine Ahnung was jetzt geschieht und wo ist eigentlich Heidi? Von Pratibha’s Familie sind nur der Vater, der Cousin Buwhi und der Bruder Ravi anwesend.
Auf einmal knallt es auf der Strasse, Leuchtraketen fliegen in die Luft kleines Feuerwerk, ein Auto mit dem in traditioneller Hochzeitsanzug , wie ein Maharadcha gekleidetem Bräutigam hält an. Mit Trommelklang und Trompe umgeben, von ca. 20 tanzenden jungen Frauen und vielen Gästen, wahrscheinlich seine ganze Verwandtschaft, schreitet Yogesh durch den dunklen schmutzige Gang, die Treppe hoch wo er von Pratibha’s Mutter empfangen wird. Sie schwenkt ihm einen Kerzenleuchter rundherum vor dem Kopf, wahrscheinlich ein Empfangs Ritual. Zuerst wird ausgiebig getanzt die sehr hübschen jungen Frauen umtanzen ihn, wahrscheinlich wird damit das Leid der Jungrauen ausgedrückt, einen möglichen Partner verloren zu haben. Männer und Frauen tanzen wie im Trans. Der Bräutigam unter einem Schirm schaut lächelnd von Zeit zu Zeit telefoniert er mit dem Handy. Die Braut ist nicht anwesend, sie sitzt zusammen mit den beiden Braut Jumpfern und Mutter in ihrem Zimmer und wartet was da alles auf sie zukommen werde.- Sie hat ja ihren zukünftigen Mann erst zweimal gesehen. Die Eltern der beiden haben die Ehe arrangiert . Pratibha hat eine Woche bei der Familie von Yogesh verbracht und Yogesh eine Woche in Bikaner, Pratibha’s Wohnort. Anschliessen konnten sie sich entscheiden ob sie die Heirat eingehen wollen oder nicht. Es gab eine Verlobung in Bikaner, die Hochzeit wurde ausschliesslich von Yogesh und seinen Eltern organisiert Die Brautfamilie muss bezahlen und ebenso die Aussteuer bezahlen. Damit umgeht man das zum Schutze der Indischen Frauen eingeführte Gesetz, dass die Brauteltern eine Mitgift bezahlen müssen.- Endlich begibt sich der Bräutigam auf das mit vielen Kunst Blumen geschmückte grössere Podium und wartet. . Die Braut erscheint in einem umwerfend schönen Sari, begleitet vom Vater und Mutter. Sie wirkt ganz ernst. Die beiden gebe sich die Hand. Yogesh hängt Pratibha einen Blumenkranz über. Er muss aufpassen, dass die Blumen nicht am riesigen Nasenring hängen bleibt den Pratibha trägt. Das selbe macht nun Pratibha womit das zweite Ritual beendet ist. Jetzt ist Foto time. Fotos werden geschossen, mit Familie mit Verwandtenmit Freunden, wie das bei uns auch üblich ist.
Schlussendlich setzen sich beide auf die zwei goldenen Sessel. Jetzt werden die Geschenke überreicht. Die Braut nimmt die Geschenke entgegen, gibt sie sofort der Braut Jumpfer weiter. Sie sagt kaum danke. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Pratibha in Gedanken irgendwo anders ist. Ihr Blick ist ernst und sie redet kaum mit den Leuten die die Geschenke überbringen. Sie wirkt sehr schüchtern, es scheint als ob sie gar nicht realisiert was mit ihr passiert. Nach dem Empfang des letzten Geschenks ( die meisten Gäste geben Geld ca. 5 bis 10 Franken) wird die Braut zurück in ein Zimmer gebracht, wo sie wieder vom weiblichen Teil ihrer Familie begleitet am Boden vor einem kleinen improvisierten Altar Platz nimmt und wartet der Dinge die da kommen werden. Sie sitzt auf farbigen Tüchern. Das Zimmer ist ziemlich schäbig, ein von Staub bedeckter grauer Vorhang hängt schief über das Fenster. Die blauen Wände sind beschädigt, es schaut aus wie wenn hier jemand mit einem Gewehr herumgeballert hätte. Die Neon Lampe an der Decke vermittelt mit dem kahles Licht und dem vergitterten Fenster, den Eindruck in einer Kaserne oder gar Gefängnis zu sein.
Während dessen hat der Bräutigam zum kleineren Podium gewechselt. Die eigentliche Zeremonie hat begonnen. Yogesh sitzt auf einem Thron, neben Ihm der zweite Sessel leer. zu seinen Füssen rechts sitzen die Eltern von Pratibha auf dem Boden. Links sitzt der Guru auch am Boden und daneben der Zeremonienmeister.
In der Mitte am Boden ist ein kleiner Altar aufgestellt mit einem kleinen Feuer, Daneben Gefässe Tontierchen, mit Blumen und anderen kleinen Utensilien. Vor dem Podium sitzen ungefähr 20 bis 30 nähere Verwandte. hauptsächlich Frauen und Heidi und ich. Etwas weiter hinten sitzen Yogesh’s Eltern Sie sind Zuschauer und haben nichts mit der Zeremonie zu tun. Nur Pratibha’s Eltern. Der Zeremonienmeister liest aus einem kleinen Büchlein vor. Er bestimmt was wie, wann zu geschehen hat. Der Guru nimmt Blumen auf segnet sie gibt sie der Mutter oder Vater, hält sie an die Stirn von Yogesh. Es wird hindisch gesprochen. Von Zeit zu Zeit nimmt die Mutter Geld aus der Tasche, gibt sie Yogesh, dieser gibt es weiter an den Guru. Heidi und ich schauen gespannt zu, verstehen aber nichts. So geht das ungefähr 11/2 Stunden.
Während der Zeremonie kommen immer mehr Leute in den Saal. Sie kümmern sich aber nicht um das was dort vorne mit den Brautleuten geschieht. Sie essen vom hervorragenden vegetarischen Buffet und trinken Wasser oder The. Es gibt kein Alkohol. Alle essen stehend, und schwatzen. Der Lärmpegel ist hoch. Die Leute kommen, essen, kümmern sich nicht was dort vorne vor sich geht und gehen wieder, dazwischen winkt einer zu Yogesh, der ist aber mit dem Ritual beschäftigt bemerkt kaum, wer denn da anwesend ist. Ravi erklärt uns, dass am Ende dieses Rituals, Pratibha’s Eltern fragen ob Yogesh ihre Tochter heiraten will. Es ist Brauch, dass der Bräutigam drei Mal nein sagt und erst beim vierten Mal zustimmt. Es ist jetzt ungefähr 21.00h immer noch ist der Bräutigam allein mit den Schwiegereltern.
Jetzt wird die Braut geholt, die halb verfroren anrückt. Sie setzt sich ohne Gruss neben Yogesh auf den zweiten goldenen Sessel. Jetzt beginnt erst die eigentliche Trauung. Der Zeremonienmeister sagt vor was die Brautleute Satz für Satz nachsprechen. Jetzt müssen sich die beiden 7 Versprechungen machen. Dazwischen schüttet die Braut Puffreis auf das Feuer . Nach jedem Eheversprechen, werden die beiden mit einem Tuch an den Händen zusammen gebunden und müssen das Feuer umschreiten. Sie versprechen sich zu ehren, zur respektieren, gute und schlechte Zeiten miteinander zu teilen, einander zu vertrauen und Werte des andern anzuerkennen die Einhaltung der Familienpflichten, rechtschaffen zu sein und auf ewig die Liebe zu pflegen. Dieses Ritual dauert noch einmal 11/2 Stunden. Nachdem sie zum 7 Mal um das Feuer gegangen sind, ist die Ehe besiegelt. Jetzt tupft der Bräutigam seiner Frau rote Farbe in den Scheitel und auf die Stirn. Zeichen, dass die Frau verheiratet ist. Diese Zeichen trägt die Frau nun das ganze Leben.
Ich dachte nun klatschen alle die noch geblieben sind, (Der Saal hat sich schon ziemlich geleert. ein Frau ist unterdessen eingeschlafen) Nein die beiden erheben sich, ich gehe hin und gratuliere, Yogesh schaut mich ganz entsetzt an. Das macht man nicht. Er zieht Pratibha weg und führt sie wieder zurück in ihr Zimmer. Die Gäste erheben sich ohne auch nur ein Wort mit dem neuen Paar gesprochen zu haben. Auch die beiden Elternpare nicht. Es spielt eine Musik. Es bleiben nur die engsten Verwandten. Jetzt werden Tische zusammengestellt und eine Tafel aufgedeckt für ungefähr 25 Personen. Yogesh kommt ohne Pratibha zurück. Die Familie des Bräutigams setzt sich an den Tisch. Die Familie der Braut muss nun das Essen für Yogesh’s Familie servieren. Ravi sagt uns man werde uns ins Hotel führen. Ich wollte eigentlich noch bleiben, aber anscheinend dachte er, dass später niemand mehr uns begleiten könnte. Wir verabschiedeten uns bei Yogesh, dann machte Heidi noch den grössten faut pas . Aus lauter Gewohnheit küsste sie, wie wir es gewohnt sind, Yogesh auf die Wange. Was für ein Skandal! In Indien wo sich nicht einmal Ehepaare öffentlich küssen und umarmen. Wir wurden vom Cousin zurückgebracht. Der Heimweg war speziell. Nachts bei schummriger Beleuchtung durch die schmutzigen Strassen spazieren , die Schaufenster der Geschäfte sind alle verbarrikadiert Ziemlich unheimlich dieser Heimweg. und doch haben wir keine Angst wir werden gut bewacht. .